Charlie Chan


Neues über einen alten Freund

Sachbuch / Webseite von Michael-Lothar Höfler

Filmklassiker

Weiter gereist als Sherlock Holmes, familiärer als Mr. Moto, philosophischer - wenn auch nicht trinkfester - als der Dünne Mann: Charlie Chan steht nicht nur ebenbürtig neben den großen Detektiven aus dem goldenen Krimi-Zeitalter, er ist - nach Sherlock Holmes - der mit den meisten Kino-Einsätzen.

Erdacht 1925 von dem amerikanischen Autor Earl Derr Biggers (1884-1933) durfte Charlie in 6 Büchern auf Verbrecherjagd gehen. Wegen des großen Erfolges ermittelte der Detektiv schon zu Stummfilmzeiten auf der großen Leinwand.
Durch eine Serie von Kinofilmen zwischen 1931 und 1949 wurde Charlie Chan dann richtig berühmt. Die ersten Filme produzierte Fox, bzw. Twentieth Century Fox, in der Spätphase übernahm die Billigfirma Monogram.
Der Charlie Chan besonders der frühen Jahre war ein so starker Charakter, dass er bis in unsere Zeit eine große Schar begeisterter Zuseher versammeln kann.

Die großen Zwei

Mit Warner Oland (1879-1938) als Darsteller trat die Rolle des Charlie Chan nach eher kleinen Auftritten in frühen Filmen stark in den Vordergrund. Bald traf der Detektiv bei seinen Ermittlungen immer wieder auf Sohn "Nummer 1" Lee Chan (Keye Luke). Zusammen bildeten Sie ein Team, das Verbrechern rund um den Erdball das Fürchten lehrte.
Oland war unbestritten die sympathischste Verkörperung des Inspektors von der Honolulu Police. "The complete Chan" wie Keye Luke es später ausdrückte.

Ab 1938 übernahm Sidney Toler (1874-1947) die Hauptrolle. Etwas scharfzüngiger als sein Vorgänger spielte er näher an der literarischen Vorlage.
Toler zur Seite stand Sohn "Nummer 2" Jimmy Chan (Sen Yung, bekannt auch als der chinesische Koch in »Bonanza«).
1942 kaufte Toler die Rechte von 20th Century Fox, weil diese die Serie beenden wollten. Wenig später verkörperte er seine größte Rolle bei Monogram, bis zu seinem Tod 1947. Die Drehbuchschreiber stellten ihm in den Filmen verschiedene Söhne und Töchter zur Seite, am häufigsten Sohn Nummer 3, Tommy (Benson Fong).

Charlie Chan in Kino und TV

Charlie Chan trat in den 1930/40er Jahren auch im Radio und einem Broadway- Stück auf. Es gab Comics und Spiele.
Ende der 50er folgte eine 39-teilige TV-Serie, Anfang der 70er gar eine Zeichentrick-Serie.
1971 wurde mit "Ein wohlgehütetes Geheimnis" eine moderne, leider nicht besonders gelungene Version gedreht.
1980 folgte (mit Peter Ustinov ausnahmsweise mal nicht als Hercule Poirot) "Charlie Chan und Der Fluch der Drachenkönigin". Dieser Film enthält einige nette Reminiszenzen, ist aber trotz Michelle Pfeiffer und mit Fokus auf einen trotteligen Enkel (gespielt von Richard "Apollo" Hatch) nur eine mäßige Slapstikshow.

In Westeuropa und der halben Welt ermittelte Charlie schon kurz nach der Entstehung im Kino, auch deutsch untertitelt u.a. in Österreich, Schweiz, Luxemburg. Nach Deutschland kam Charlie aber erst ab 1978. Der Bayerische Rundfunk synchronisierte 26 der 44 Kinofilme aus den 30/40er Jahren und versah sie mit einem Einheitsvorspann. Der Synchronsprecher für Warner Oland und Sidney Toler war beide Male Klaus Höhne. Die Söhne sprach stets Holger Ungerer. Dank der gelungenen Synchronisation wuchs Charlies Beliebtheit auch hierzulande.

Da einige frühe Filme verschollen sind, nur ein kleiner Teil der Monogram-Filme (ab 1944) synchronisiert wurden (Hier hat MGM die Rechte, alle anderen hat Warner), ist in Deutschland über ein Drittel der Serie unbekannt. Die vielen verschiedenen Söhne und Töchter die Charlie zeitweise abwechselnd "hilfreich" zur Seite standen und auch das nach Sidney Tolers Tod noch ein dritter Schauspieler (Roland Winters) für 6 Filme die Hauptrolle übernahm, konnte man hierzulande nicht sehen.

Bücher

Charlies Erfinder heißt Earl Derr Biggers. Ihm blieben nur wenige Jahre, in denen er Charlie Chan immerhin sechs Mal ermitteln ließ. Die Bücher liegen allesamt mehrfach übersetzt vor:

  • Das Haus ohne Schlüssel (The House without a Key, 1925)
  • Der chinesische Papagei (The Chinese Parrot, 1926)
  • Hinter jenem Vorhang (Behind that Curtain, 1928)
  • Das schwarze Kamel (The Black Camel, 1929)
  • Charlie Chan macht weiter (Charlie Chan carries on, 1930)
  • Der Hüter der Schlüssel (The Keeper of the Keys, 1932)
Um Enttäuschungen vorzubeugen: Der Charlie Chan vor allem der frühen Bücher ist kaum zu vergleichen mit dem aus den Kino-Filmen.

Im deutschen Fernsehen

Die 26 synchronisierten Episoden der s/w - Serie:

  • 1978 - 1984 je eine bis drei Ausstrahlungen aller Episoden in diversen 3. Programmen und ebenso in Österreich und der Schweiz
  • ca. 1987: Sat1 (keine genauen Infos vorhanden)
  • 1990/1991: Pro 7 (verm. 2 Ausstrahlungen; nicht alle Episoden)
  • 2002: Krimi & Co / premiere (nicht alle Episoden)
  • Von 11/2006 bis 2011: Kabel 1 Classics (fast alle Episoden) - zahllose Wiederholungen

    1999 liefen "Der Tod ist ein schwarzes Kamel" und "Charlie Chan in der Oper" im Filmmuseum München auf der Leinwand.
    2020 wurde "Charlie Chan bei den Olympischen Spielen" in Berlin aufgeführt.

    Der 1971 für eine mögliche Serie entstandene TV-Film "Ein wohlgehütetes Geheimnis" ist in diesem Jahrtausend wohl nur noch per DVD erhätlich.
    Der Peter-Ustinov-Film "Charlie Chan und der Fluch der Drachenkönigin" von 1980 hat, nicht zuletzt wegen seines gewichtigen Hauptdarstellers, bessere Karten und ist beinahe jedes Jahr zu sehen - leider kein Ersatz für die s/w-Serie.
    Die 50er-Jahre-TV-Serie und die bei Hanna-Barbara gedrehte Zeichentrickserie liefen nie im deutschen Fernsehen.

  • "Mind like parachute - only function when open."

    Danke sehr, vielmals!



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